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Donnerstag, 23. Oktober 2014

Leben zwischen zwei Welten

Gerade von einem wunderschönen, spontanen Strandspaziergang mit Nele zurückgekehrt, versinke ich in den fluffigen Weiten meiner Lieblingscouch im Hostel von Mey und Brian und denke nach. Diese Hulla-Hoop-Regenbogen-Gesellschaft von immer glücklichen Touristen auf der Suche nach dem schönsten Sonnenuntergangsfotos und den leckersten Cocktails wird Tag für Tag präsenter. Sie lachen, sie feiern, sie schmeißen Geld zum Fenster raus. Auch wir haben uns heute einen Crèpe mit Nutella und Bananen gegönnt. Für die beiden charmanten Mädels aus Deutschland gabs sogar noch eine Kugel Vanilleeis, heiße Karamelsoße und einen Plausch mit dem sympathischsten Franzosen Sámaras gratis dazu. 
Absolutes Kontrastprogramm am Mittwochabend in der Kirche: Hunderte von Ticos drängen sich in Scharen, um einen letzten Blick auf einen verunglückten jungen Mann zu werfen. Er ist beim Versuch, auf eine Palme zu klettern abgerutscht und hat sich das Genick gebrochen. Schon als der Krankenwagen hier einige Tage zuvor vorbeikam, war jeder sofort auf der Straße. Jedes mal bedeutet das, dass jemandem Bekannten, wenn nicht sogar einem Familienmitglied etwas zugestoßen sein muss. Auch Sandra war untröstlich, war der junge Mann doch im gleichen Alter wie ihre eigenen Söhne. Auch wenn ich ihn nicht persönlich kannte, so zeugt die enorme Anteilnahme wie nichts anderes davon, dass er jemand ganz besonderes war. Auch von uns Freiwilligen hat jeder ihm mit seiner Familie noch einmal die letzte Ehre erwiesen. Nele konnte ihren eigenen Augen kaum trauen, als die Menschenkette im Trauerzug nach Carillo einfach nicht abnehmen wollte. Verdammt, so möchte doch jeder von uns am liebsten enden. Wenn schon viel zu früh, dann zumindest in Ehre. 

Wir Deutschen hier sind irgendwie zwischen den Welten. Wir kennen die eine genausogut wie die andere Seite von Sámara. Und es macht mich unfassbar traurig zu sehen, wie Menschen so nahe beeinanderleben können, ohne auch nur einen blassen Schimmer zu haben, was die anderen bewegt. Vielleicht ist gerade das der Fluch einer Touristenregion. Leben, wo andere Urlaub machen und dabei das Strahlen am besten nie aus dem Gesicht zu verlieren. Business goes on!


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